Ausstellung alte Weichselbruecke Dirschau
Ausstellung In Kooperation mit der Hamburgischen Ingenieurkammer Bau Eröffnung: Donnerstag, 5. September 2002 Begrüßungen: In Tczew (Dirschau),Polen, bilden die Weichselbrücken ein historisch bedeutsames Ensemble. Insbesondere die drei überkommenen und heute denkmalgeschützten Felder der Alten Weichselbrücke von 1857 stellen zusammen mit den vier Pfeilertürmen ein in ihrer Art einzigartiges Monument der Technik- und Zeitgeschichte dar. Der unmittelbare Anlaß für die Errichtung der ersten Brücke in den Jahren 1850 - 1857 war der Bau der sogenannten Preußischen Ostbahn von Berlin nach Königsberg. Noch 1840 gab es auf dem Kontinent nur einzelne kurze Eisenbahnstrecken. Doch danach folgte ein geradezu stürmischer Ausbau des mitteleuropäischen
Eisenbahnnetzes. Eine Streckenkarte von 1860 zeigt bereits auch den Verlauf
der Preußischen Ostbahn, die hier bei Tczew die Weichsel kreuzt. Die Trasse
der nach 1840 geplanten Bahn führte quer durch das Weichseldelta. Zwei für
die damalige Zeit außergewöhnliche Großbrücken wurden erforderlich: Eine zur
Überquerung der eigentlichen Weichsel hier in Tczew (Dirschau) und eine kürzere
Brücke zur Überquerung der Nogat bei Malborg (Marienburg). Wegen der regelmäßigen
Hochwässer und insbesondere wegen des winterlichen Eisgangs waren Brückenbauwerke
mit großen Spannweiten erforderlich, um den Durchflußquerschnitt möglichst
wenig einzuengen. Der Bau der Ostbahn wurde vom preußischen Staat in eigener Regie durchgeführt, und mit der Leitung der Brückenprojekte wurde ein hoher Ministerialbeamter, der Geheime Oberbaurat Carl Lentze, beauftragt.Lentze plante in Tczew zunächst die 2. Ausführung einer Kettenbrücke, wie er sie anläßlich einer Informationsreise nach Großbritannien kennengelernt hatte, wo er die von Thomas Telford erbaute Brücke über die Menai-Straits besucht hatte. Bald nach dem Beginn mußten 1847 die Bauarbeiten an der Ostbahn nochmals eingestellt werden, und zwar wegen finanzieller Engpässe des preußischen Staates und wegen der Unruhen im Vorlauf des Revolutionsjahres 1848. Carl Lentze nutzte die Zeit der Bauunterbrechung zu einer zweiten Informationsreise nach Großbritannien, wo er insbesondere die Baustelle der Britannia-Bridge in Wales besuchte und dieses Projekt von Robert Stephenson eingehend studierte.Nach seiner Rückkehr gab Lentze das Projekt der Kettenbrücke auf und entschloß sich, in Tczew und Malborg ebenfalls Balkenbrücken auszuführen. Während aber die 1850 fertiggestellte Britannia-Bridge als sogenannte Tubular-Bridge (Röhren-Brücke) Kastenträger mit vollwandigem Querschnitt aufwies, wählte Lentze für die Brücken der Ostbahn aufgelöste Träger mit feinmaschigen Gitternetzen, und zwar in Tczew mit 6 Öffnungen von je 131 m Spannweite. Bei dieser Entscheidung mag die Besichtigung der in Bau befindlichen Royal Canal Bridge der Dublin-Belfast-Eisenbahn während der ersten Informationsreise eine Rolle gespielt haben. Die dort 1845 fertiggestellte Gitterbrücke hatte allerdings nur 43 m Stützweite und war konstruktiv anders gestaltet, was zu Schäden führte. Diese irische Brücke war amerikanischen Gitterbrücken aus Holz der Bauart Town nachgebildet worden. Als 1851 der Reisebericht von Culmann über den Bau der hölzernen Brücken in den Vereinigten Staaten erschien, mag dieser für Lentze eine Bestätigung der getroffenen Entscheidung gewesen sein. Die statischen Berechnungen und Detailkonstruktionen der Dirschauer Brücke
erfolgten durch Eduard Schinz, einen überaus tüchtigen, in der Schweiz geborenen
Ingenieur. Schinz verstarb 1855 noch während der Bauzeit, wurde in Tczew begraben
und erhielt in Würdigung seiner Leistung ein Grabmal aus Granit von der preußischen
Regierung, das heute leider nicht mehr existiert. 1851 fand die feierliche
Grundsteinlegung durch den preußischen König am Widerlager auf der Seite von
Tczew statt. |
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