Eröffnung der Ausstellung
PHŌS
HEINKE-URSEL LÜTTSCHWAGER
FERNANDO DE BRITO
PETER NIKOLAUS HEIKENWÄLDER
Zur Eröffnung sprechen:
MICHAEL PROPFE, PRÄSIDENT DER Freien Akademie der Künste
RENE SPIEGELBERGER, PArt FOUNDATION UND
FRANZ VAN DER GRINTEN, GALERIST, KÖLN
Ausstellung geöffnet: 29. September – 20. Oktober 2024, Di. – So., 10 – 17 Uhr
Angeregt durch das im Jahr 2022 erstmalig ausgeschriebene ‚Heinke-Ursel Lüttschwager PArt-Künstlerbuchstipendium‘ haben sich die Hamburger Künstler Fernando de Brito und Peter Nikolaus Heikenwälder eingehend mit den Fotografien von Heinke-Ursel Lüttschwager beschäftigt und anstelle des regulären ausgeschrieben Stipendienkonzeptes ein Projekt vorgeschlagen, bei dem die fotografischen Arbeiten von Heinke-Ursel Lüttschwager die Ausgangsbasis für ein dialogisches Ausstellungs- und Buchkonzept sein sollten.
Mehrfach haben die beiden Künstler das Lüttschwager Archiv bei Bonn besucht, um ihr Werk eingehend zu sichten und dabei bereichernde Gespräche mit den Angehörigen über Leben und Arbeitsweise der 2021 verstorbenen Künstlerin führen können.
De Brito und Heikenwälder sind beide in erster Linie Zeichner und Maler, und fotografische Arbeiten sind eher eine Randerscheinung in ihrem Werk. Ihr Interesse an der Fotografie von Heinke-Ursel Lüttschwager liegt in deren Sichtweise Dinge abzubilden, insbesondere in ihrer speziellen Art, auf fotografischem Wege eine sehr eigene Abstraktion zu erschaffen.
Ausgehend von einer von de Brito und Heikenwälder getroffenen Auswahl aus den Fotografien Lüttschwagers wurde das Konzept für die Ausstellung und das Künstlerbuch entwickelt.
De Britos und Heikenwälders eigene fotografische Arbeiten sind nicht für dieses Projekt entstanden, sondern entstammen aus ihren vorwiegend digitalen fotografischen Notizen auf den Smartphones aus dem Alltag der letzten Jahre. Sie bieten das Potential für einen anregenden Dialog mit den Arbeiten Lüttschwagers.
Zur Ausstellung erscheint ein Künstlerbuch.
© Abb.: Heinke-Ursel Lüttschwager (l.) | Peter Nikolaus Heikenwälder
„Lichtmalerei“ nannte Heinke-Ursel Lüttschwager ihre besondere Form der analogen Schwarz-Weiß-Fotografie. Lüttschwager wuchs im stark zerstörten Nachkriegs Mönkeberg bei Kiel auf, wo sie viel Zeit beobachtend und zeichnend in der Stille der Natur verbrachte. Diese Stille der Natur spielte bis zu ihrem Lebensende in ihrem gesamten Werk eine zentrale Rolle. Ihre Fotos zeigen diese Stille in den unterschiedlichsten Motiven aus Natur und Zivilisation in überbelichteten, weichen Formen und Mustern, die an Zeichnungen oder Gemälde erinnern. Intention ihrer Fotografien war immer, den Betrachter zu Assoziationen anzuregen und „die Harmonie in der Schöpfung“ wieder zu entdecken. Harmonie und Schönheit der Natur einzufangen und dem Betrachter Raum für Meditation und Kontemplation als „intensivere Form der Betrachtung, der Besinnung und Erkenntnis“ zu schaffen, war Lüttschwagers Absicht. Ihre „leisen Bilder“ sollten zu einer „klaren meditativen Aussage“ kommen, die in den Köpfen der Betrachter weiterlebt. Sie sah die Stille als Weg zu neuen Wahrnehmungen und Erkenntnissen: „Wir können nur in der Stille noch erfahren, was wir sonst nicht mehr wahrnehmen.“ Sie arbeitete ausschließlich analog und lehnte digitale Nachbearbeitung ab, da sie die Authentizität der analogen Abbildung schätzte. Die manuelle Einstellung ermöglichte ihr nicht nur eine präzise Kontrolle über Belichtungszeit und Blende zu einer absichtlichen Überbelichtung (High-Key-Verfahren) vieler Motive, sondern auch die Reduzierung der Formen und Strukturen auf das Wesentliche, um den von ihr gewünschten starken, meditativen Eindruck zu erzielen. Auch erlaubte ihr die manuelle Kameraführung, ihre früheren gestalterischen Techniken wie Zeichnen mit Bleistift, Kreide und Rötel in die Fotografie zu übertragen.
Lüttschwager reiste an entlegene Orte, in die Berge und Permafrostregionen wie auf Island, um die Möglichkeit zu nutzen, die Wirklichkeit durch neu gewonnene Sichtweisen zu verwandeln.
Nach ihrem Tod planten ihre Freunde, in ihrem Sinne die Unterstützung nachfolgender Künstlergenerationen fortzuführen. Dieses wird jetzt mit dem ‚Heinke-Ursel Lüttschwager PArt Künstlerbuch Stipendium‘ realisiert.
Peter Nikolaus Heikenwälder, 1972/Deutschland
Der Maler und Zeichner Peter Nikolaus Heikenwälder benutzt die Technik und das Medium der digitalen Fotografie fast nebensächlich, als Skizzen- oder Notizbuch, nicht in der Absicht künstlerische Bilder zu produzieren. Über die Jahre entstanden so fast wie von selbst thematische Gruppen verschiedenster Interessen: Tatsächliche Notizen, Erinnerungen, Persönliches aber auch ästhetische Eindrücke aus Natur und Zivilisation, eben bestimmte gesehene Ausschnitte der Welt. Die sich aus dieser Menge an Bildern bildenden Gruppen zeigen ohne gezielte Intention die Vorlieben, Interessen und ästhetische Ansichten des Aufnehmenden. Im Rahmen der Auseinandersetzung mit dem fotografischen Werk von Heinke-Ursel Lüttschwager hat Peter Nikolaus Heikenwälder sich mit seinen Aufnahmen der letzten Jahre befasst, sie thematisch sortiert und einen Auszug für die Ausstellung PHOS zusammengestellt.
Seit vielen Jahren beschäftigt sich der Maler und Zeichner Fernando de Brito mit dem Medium Fotografie. Anfangs, ohne eine Kamera zu besitzen, experimentierte er mit seiner POLAROID SX -70 und dem dazugehörigen Sofortbild-Filmmaterial. Die Anziehungskraft des Apparates mit seiner beeindruckenden Schnelligkeit, seiner einfachen Handhabung und seiner Zugänglichkeit bietet unendlich viele künstlerische Möglichkeiten. Mit einer großen Portion Unbekümmertheit lässt sich das Polaroid durch äußere physikalische Mittel verändern und auf geheimnisvolle Weise abstrahieren. Nicht weniger reizvoll für DeBrito ist die MINOX Kleinbildkamera mit ihrem Negativformat von 8 mm x 11 mm. Der Klassiker der 70er Jahre, eher mit Geheimdiensten und Spionage assoziiert, erzeugte durch die Vergrößerung des Bildmaterials eine einzigartige Grobkörnigkeit und fast malerisch pointillistische Anmutung. Als 1999 und 2002 das Mobiltelefon und mit ihm die eingebaute Digitalkamera aufkam, bot sich Fernando de Brito ein weiteres technisches ‘Werkzeug’ und wiederum ein völlig neuer Umgang mit Kreativität. Ein omnipräsentes und sofort aus der Hosentasche einsetzbares technisches Allroundtalent, mit dem es zu akzeptieren galt, dass Selfies, Sonnenuntergänge und alles andere von nun an milliardenfach auf der Welt existieren.