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  Violinkonzert Tanja Becker-Bender

konzert 

Tanja Becker Bender

Musik der zwanziger Jahre auf vier saiten – Ein tanz auf dem Vulkan

PROGRAMM:

Paul Hindemith (1895-1963): Sonate für Violine solo op. 31/1 (1924) — 12′

Eduard Erdmann (1896-1958): Sonate für Violine solo op. 12 (1921) — 16′

Philipp Jarnach (1892-1982): Sonate für Violine solo op. 13 (1922) — 10′

– Pause –

Erwin Schulhoff (1894-1942): Sonate für Violine solo (1927) — 12′

Nikos Skalkottas (1904-1949): Sonate für Violine solo (1925) — 12′

Paul Hindemith (1895-1963): Sonate für Violine solo op. 31/2 (1924) — 11′

 

Das Medium der Solovioline war durch alle Zeiten in der Musik ein
besonderes und forderndes – der komplexen Polyphonie der Solowerke von
J.S. Bach, Max Reger und Béla Bartók stehen Virtuosität und
Charakterzeichnung eines Locatelli, Tartini und Paganini gegenüber. Nach
einer Blüte der komplexen Violin-Solosonate in der Barockzeit blieb das
Medium für nahezu zwei Jahrhunderte Virtuosenkomponisten in
Personalunion vorbehalten, was eine Vielzahl an Etuden und Capricci
hervorbrachte – bis gerade die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts ein
frappierend reiches und vielfältiges Wiederaufleben des kompositorischen
Genres der Solosonate brachten. War es die Reduktion und Entschlackung
des Mediums, befreit von Romantizismen, die die Komponisten an den
Möglichkeiten der Solovioline nun faszinierte, oder war es gerade ihre
Möglichkeit zur Vielfalt, einfache und tiefe Melodik wildem,
überschäumendem, auch von Jazz-Elementen inspiriertem Tanz
gegenüberzustellen?

Paul Hindemith und Philipp Jarnach waren zwei der bedeutendsten in
Deutschland wirkenden Komponisten des 20. Jahrhunderts, wobei gerade die
Musik von Philipp Jarnach, später Wahl-Hamburger, Gründungsrektor der
Hamburger Musikhochschule und Mitglied der Freien Akademie der Künste
Hamburg, heute eine viel größere Bekanntheit verdient. Mit Nikos
Skalkottas und Eduard Erdmann sind zwei Komponisten vertreten, die mit
Jarnach direkt in Verbindung stehen: Skalkottas, selbst ein
hervorragender Geiger, studierte in den 20er Jahren bei Jarnach in
Berlin Komposition, und Erdmann wurde auf Initiative Jarnachs als
Klavierprofessor an die Hamburger Musikhochschule berufen. Erwin
Schulhoff währenddessen kann als einer der großen Experimentatoren des
frühen 20. Jahrhunderts gelten, der früh Jazz-Elemente in seine Werke
integrierte und mit radikalen Ideen wie einem Werk bestehend aus Pausen
bereits in den 20er Jahren die Grenzen der Gewohnheiten auslotete – ein
Blick in die Zukunft, die er selbst als Opfer des NS-Regimes nicht mehr
erleben sollte.

Abb.: © Marco Borggreve